La Cartonnerie erinnert an einen Ozeanriesen, und nicht nur von außen. Die beiden Veranstaltungssäle, die Probenräume und die Bar mit einer umbaubaren Bühne laden dazu ein, dort wunderschöne Abende zu verbringen. Und doch erklang vom dortigen Parkplatz aus den ganzen Sommer über die Musik. Er wurde vorübergehend in einen Garten umgewandelt, in dem Konzerte im kleinen Kreis stattfanden.
Jetzt, da es draußen wieder frischer wird, wird der große Saal an die Vorgaben zum Gesundheitsschutz angepasst (Konzerte mit festen Sitzplätzen für maximal 450 Besucher). An diesem symbolträchtigen Ort der Reimser Kulturszene macht das Team wieder das, was es am besten kann: sich tagtäglich kreativ auf Neues einstellen. Zahlreiche Künstler sind mit von der Partie. „Wir arbeiten lieber in kleineren Formaten und bleiben dafür in Verbindung“, betont Cédric Cheminaud, der Hand in Hand mit den Künstlern die Konzerte von morgen erfindet.
Als ehemaliger für Kultur zuständiger Jugendhausmitarbeiter bringt der Mann mit dem Rock‘n‘Roll-Styling seine Erfahrung ein, um die Kollegen zu motivieren und den Neustart zu schaffen. Im Zentrum finden jährlich mehr als 80 Konzerte und ein Festival, La Magnifique Society, mit international bekannten Acts statt. Seit diesem Frühling läuft der Betrieb in Zeitlupe, hat aber niemals komplett still gestanden. Nach der Renovierung einiger Bereiche mussten die „Räumlichkeiten umgebaut, Protokolle eingeführt und neue Möglichkeiten, die Künstler und Gäste willkommen zu heißen, entwickelt werden“. „Die Stimmung ist sehr zielstrebig geblieben“, versichert der Direktor. „Wir wollen uns nicht unterkriegen lassen, sondern vielmehr die Werte hervorheben, für die wir stehen: Geselligkeit und gesellschaftlicher Zusammenhalt. In diesem Umfeld werden wir von Kreativität und der Suche nach neuen Produktionsformen geleitet.“
Eine Öffnung hin zur Welt
Diese Wiege der aktuellen Musiktrends des Grand Est ist nicht auf einen Veranstaltungsraum beschränkt. Ausstellungen, Konferenzen, Probenraum und Begleitung der Künstler aus der Gegend... Der Ort steht für Vorbeikommen, Treffen und künstlerischen Wetteifer. Und das ist seine Stärke: „Das Plus der „Carto“ ist, dass sie auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzt“, meint ihr Direktor. „Die Künstler proben wieder hier und die kulturellen Angebote werden wieder aufgenommen. Wir entwickeln ein anspruchsvolles Programm, um erneut mit Jugendlichen in Kontakt zu kommen und Programmpunkte im Krankenhausumfeld zu organisieren.“
Zum Beispiel begleitet La Cartonnerie den Musiker Rémi Costa seit 2016 in die Abteilung für Kinderpsychiatrie des Universitätsklinikums von Reims, wo er Songwriting-Workshops gibt. Etwa zehn Kinder zwischen neun und zwölf Jahren kreieren dabei ein Album, das sie im Krankenhaus bei einem eigenen Konzert vorstellen. Ein anderer Weg zur Förderung der Kultur, der mit seinem aktuellen Modell an seine Grenzen gerät, so Cédric Cheminaud.
La Cartonnerie hält sich dank staatlicher Zuschüsse über Wasser, aber die Eigenmittel schwinden. Der Direktor ruft zu einer großen Solidaritätskette bestehend aus Öffentlichkeit, Verwaltungsstrukturen und kulturellen Institutionen auf: „In dieser Zeit, die uns eher in die Isolation treibt, bleibt die Kultur eine Öffnung zu den anderen hin. Wir werden eng zusammenrücken müssen, um da herauszukommen.“